Ethik- und Verhaltenskodex
der Praktiker der Grinberg Methode®

Übersetzt aus dem Englischen
Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird in diesem Dokument nur die männliche Form benutzt;
selbstverständlich beziehen sich alle Artikel auf beide Geschlechter.

Einleitung:

Der Ethik- und Verhaltenskodex der Praktiker der Grinberg Methode® gründet sich unmittelbar in der Theorie und Praxis der Grinberg Methode. Natürlich umfasst er auch Elemente, die bei anderen Methoden oder Praktiken Anwendung finden, da sie moralische Standards sind, die jeder Dienstleistende einhalten sollte. Diese Elemente erscheinen jedoch in den Richtlinien der Grinberg Methode aus Gründen, die über moralische Erwägungen hinausgehen: Praktiker können nur professionell arbeiten, wenn sie alle hier aufgeführten ethischen Grundsätze annehmen und in ihrer täglichen Arbeit anwenden. Dies nicht zu tun ist ein Scheitern an der Umsetzung der zugrunde liegenden Prinzipien und Ideen der Grinberg Methode, sowie der Disziplin, auf der der Beruf des Praktikers basiert.

Um diese Grundannahme zu verdeutlichen, steht unter jeder der unten aufgeführten Richtlinien für die Praktiker eine kurze Beschreibung des ihr zugrunde liegenden ethischen Prinzips in blauer Kursivschrift. Die meisten Punkte stimmen mit mehreren Prinzipien überein; genannt wird jeweils das, welches am engsten mit dem betreffenden Punkt verknüpft ist.

Zum Hintergrund: Die Grinberg Methode hat keinerlei politische oder religiöse Ausrichtung, daher kann jeder Klient sein, unabhängig von seinem Bildungsstand, kulturellen Hintergrund oder Alter. Die Natur eines Lernprozesses verlangt jedoch, dass man in der Lage ist– und den Wunsch hat – zu lernen.

Die Rolle des Praktikers

Die Grinberg Methode ist eine Disziplin, die Aufmerksamkeit lehrt. Sie erfordert vom Praktiker, dass er seine Aufmerksamkeit auf sein Umfeld richtet, nicht auf sich selbst. Da die Grinberg Methode eine Lehrmethode ist, sind die folgenden beiden Kernaspekte nötig, um die Rolle eines Praktikers auszufüllen:

  • Der Praktiker sollte andere nur lehren, was er auch selbst vorlebt, indem er selbst lernt und Verantwortung für sein Leben übernimmt.
  • Der Praktiker sollte mit seinem gesamten Handeln und Sein dem Klienten ermöglichen, ihm zu vertrauen. Der Praktiker lehrt durch den Körper und führt den Klienten durch einen Prozess, der Erfahrungen verschiedener Tiefe und Intensität umfasst, durch die letztendlich der gewünschte Effekt im Leben des Klienten erzielt werden soll. Vertrauen ist unbedingt notwendig, damit der Klient gemeinsam mit dem Praktiker diesen anspruchsvollen Weg gehen kann.

Damit die Praktiker diese Kernaspekte in der Ausübung ihres Berufs umsetzen können, bedarf es einer Berufsethik, die im folgenden Ethik- und Verhaltenskodex definiert ist.

Die Berufsethik im Einzelnen
1.
2.
3.
Zum Prozess
In Bezug auf das berufliche Umfeld
Über den Praktiker
1. Zum Prozess
1.1 Der Praktiker sollte nur innerhalb des definierten Rahmens seines Berufsbildes tätig sein und nicht mit Klienten arbeiten, die lebensbedrohliche gesundheitliche Beschwerden haben oder aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sind, zu lernen.
(Die Grinberg Methode geht davon aus, dass Menschen grundsätzlich lernfähig sind, und sieht Lernen als Voraussetzung dafür, dass der Einzelne die von ihm gewünschte Veränderung erreichen kann.)
1.2 Der Praktiker vermeidet es, mit Menschen zu arbeiten, die untereinander oder mit ihm eine enge Verbindung haben. Wenn sich ein persönliches Interesse entwickelt, stellt der Praktiker die Zusammenarbeit ein und kann den Klienten zur Weiterführung des Prozesses an einen Kollegen verweisen.
(Ein erfolgreicher Prozess erfordert detachment /Ungebundenheit. Im Prozess können persönliche und intime Themen berührt werden. Detachment ist die Fähigkeit des Praktikers, auf den Klienten konzentriert zu bleiben und sich nicht mitreißen zu lassen, egal wie berührt er sein mag.)
1.3 Der Praktiker kann im Voraus keine festen Zusagen darüber treffen, wie lange ein Prozess dauert und wann die Ziele des Klienten erreicht sind. Er kann keine vorher festgelegten Ergebnisse zusichern und kein Heilungsversprechen geben.
(Der Prozess ist individuell, ohne Rezepte oder Regeln zur "Behandlung" bestimmter Beschwerden, daher kann das Ergebnis weder genau vorhergesagt, noch exakt auf einen festen Zeitrahmen zugeschnitten werden.)
1.4 Der Praktiker beginnt einen Prozess nur dann, und setzt ihn nur fort, solange ein für Praktiker und Klient klar ersichtlicher Nutzen im Leben des Klienten gegeben ist und eine Entwicklung in Richtung der Ziele des Klienten besteht. Wenn der Praktiker bemerkt, dass der Klient die Fähigkeiten oder Fertigkeiten eines weiter fortgeschrittenen Praktikers benötigt, ermuntert er den Klienten, mit einem erfahreneren Kollegen zu arbeiten.
(Unser Verhalten als Praktiker ist Ausdruck dessen, was wir insgesamt als Menschen sind. Wenn finanzielles Gewinnstreben oder der Wunsch, den eigenen Stolz zu wahren, die Entscheidungen des Praktikers maßgeblich beeinflussen, vermindert das die Qualität seiner Arbeit.)
1.5 Der Praktiker bewahrt Stillschweigen über die Identität des Klienten und behandelt alle weiteren persönlichen Informationen über den Klienten oder Dritte, die er im Laufe des Prozesses erhält, vertraulich. Diese Verpflichtung ist zeitlich unbegrenzt und wird auch nach Ende des Prozesses eingehalten. Der Praktiker darf Informationen aus der Akte des Klienten, durch die die Identität des Klienten erkennbar ist, nur mit dessen Einverständnis weitergeben.
(Grundlegende Themen im Leben eines Menschen können nur angesprochen und bearbeitet werden, wenn der Klient vollständig darauf vertrauen kann, dass der Praktiker seiner Schweigepflicht nachkommt.)
1.6 Der Praktiker ist verpflichtet, sich den in seinem Land geltenden Gesetzen entsprechend zu verhalten, wenn ein Klient ihn auf Informationen aufmerksam macht, die sich auf eine bestehende oder unmittelbar drohende Gefahr für andere beziehen.
(Ein Prozess der Grinberg Methode zielt insgesamt darauf ab, dass Menschen mehr persönliche Freiheit gewinnen, egal in welcher Weise sie persönlich in ihrer Freiheit eingeschränkt sind. Die persönliche Freiheit eines Menschen kann nicht darauf basieren, einem anderen Freiheit zu nehmen; weder der Person, die in Gefahr ist oder sein könnte, noch dem Praktiker.)
1.7 Der Praktiker respektiert den Klienten als eigenständiges Individuum und achtet jeden Ausdruck des freien Willens des Klienten.
(Die Grinberg Methode geht davon aus, dass Menschen sich in ihrem Potential voneinander unterscheiden, und schreibt keinen speziellen Lebensstil und keine Lebensweise vor. Die Methodik basiert darauf, Prozesse durchzuführen, die individuell auf den Einzelnen zugeschnitten sind.)
1.8 Der Praktiker hat eine klare, eindeutig lehrende Einstellung und ebensolche Ziele; er beutet den Klienten in keiner Weise aus – weder sexuell, noch emotional oder finanziell, noch durch Beeinflussung in Richtung religiöser Überzeugungen oder Ideologien, noch dadurch, dass er den Klienten in Aktivitäten einbezieht, die ihm nicht in seinem Prozess nutzen.
(Um den Prozess leiten und selbst in seinem Lernen ein Vorbild sein zu können, muss der Praktiker eine starke Persönlichkeit sein. Er sollte aber die damit verbundene Macht nicht missbrauchen, indem er sie anderen aufdrängt.)
1.9 Der Praktiker stellt sicher, dass seine Sprache für den Klienten verständlich ist und er alle Fachausdrücke erklärt.
(Der Praktiker befindet sich nicht in einer Position der Überlegenheit gegenüber dem Klienten. Der Erfolg des Prozesses hängt von der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Klient und Praktiker ab.)
1.10 Die Intensität und Stärke der Berührung, durch die der Praktiker lehrt, sollten so abgestimmt sein, dass sie zum Klienten passen, dem Ziel des Prozesses dienen, die Aussagen des Klienten berücksichtigen und immer seine Würde und Intimität achten.
(Vertrauen ist wesentlich für einen erfolgreichen Prozess. Es entsteht nicht nur dadurch, dass der Klient versteht, sondern auch durch die Erfahrungen, die er macht.)
2. 2. In Bezug auf das berufliche Umfeld
2.1 Der Praktiker ist als Selbständiger tätig und ist als solcher kein Repräsentant irgendeiner der Organisationen der Grinberg Methode. Jede Vorstellung seiner Arbeit sollte vollständig über seine berufliche Ausbildung informieren.
(Ziel der Methodik ist es, Menschen zu lehren, sich selbst näher zu kommen und sich damit wohl zu fühlen. Durch eine klare, souveräne Darstellung seiner Ausbildung, seines Wissens und seiner Erfahrung in bezug auf die Grinberg Methode wird der Praktiker selbst zum Beispiel für die praktische Umsetzung dieser Absicht.)
2.2 Der Praktiker sollte beruflich stets unabhängig bleiben, in welcher rechtlichen Struktur auch immer er arbeitet.
(Der Praktiker soll die Disziplin seiner beruflichen Entwicklung aufrechterhalten und den Prozesszielen des Klienten bestmöglich dienen. Daher muss er frei sein von äußerem Druck oder Einfluss und sollte sich nicht an die beruflichen Anforderungen anderer anpassen müssen.)
2.3 Die Beziehungen des Praktikers zu seinen Kollegen, zu den verschiedenen Organisationen der Grinberg Methode und zu anderen Menschen in seinem beruflichen Umfeld können nur existieren, wenn sie auf persönlicher Verantwortung basieren.
(Ein unabhängiger Mensch zu sein und Wohlbefinden zu lernen bedeutet, dass man selbst die Verantwortung für sein Leben behält, d. h. sich nicht als Opfer von Ereignissen und Umständen in Vergangenheit und Gegenwart wahrnimmt.)
2.4 Das Verhalten des Praktikers sollte immer von Integrität geprägt sein. Er verbreitet keine unbegründeten Behauptungen, respektlosen Aussagen, Wertungen oder Gerüchte; insbesondere vermeidet er Handlungen, die das Ansehen des Berufs beschädigen könnten.
(Erfolgreich diese Disziplin zu praktizieren, bei der es um Aufmerksamkeit geht, bedeutet unter anderem, dass man kontinuierlich daran arbeitet, seine Aufmerksamkeit zu erweitern und in seinen Absichten und seinem Willen fokussiert zu bleiben. )
2.5 Der Praktiker vermischt oder kombiniert keine Techniken anderen Ursprungs mit seiner Arbeit nach der Grinberg Methode.
(Die Grinberg Methode bietet einen umfassenden Ansatz für individuelle Prozesse, der auch Strategie, persönliche Einstellung, Anpassung an bisherige Ergebnisse, Techniken etc. einschließt. Eine Einbeziehung anderer Konzepte würde den Praktiker daran hindern, den Prozess erfolgreich zu verfolgen und abzuschließen und könnte Ziel und Ergebnisse der Arbeit in unbekannter Richtung beeinflussen.)
2.6 Der Praktiker sorgt für eine angenehme Arbeitsumgebung, indem er seine Räumlichkeiten und sein Äußeres so pflegt, dass sie ein bestmögliches Arbeiten erlauben.
(Die Grinberg Methode als Lerndisziplin erfordert einen Raum, in dem jedwede Art von Erfahrung und Ausdruck stattfinden kann. Um das zu erreichen, sollten die Persönlichkeit und der Geschmack des Praktikers den Klienten nicht beeinflussen oder begrenzen.)
3. Über den Praktiker
3.1 Der Praktiker kümmert sich um seine Gesundheit und sorgt allgemein dafür, dass es ihm gut geht.
(Um Wohlbefinden – ein Hauptziel jedes Prozesses in der Grinberg Methode – zu lehren, muss der Praktiker seine Wahrnehmungsfähigkeit, Aufmerksamkeit und Klarheit in vollem Umfang einsetzen können; er muss in der Lage sein, die Qualitäten und die Kraft seines Körpers uneingeschränkt zu nutzen.)
3.2 Zwischen Berufs- und Privatleben des Praktikers kann es keinen Unterschied darin geben, wie sich seine Absichten, sein Wille und seine Disziplin äußern.
(Die Grinberg Methode nimmt Menschen als Ganzes wahr; als die Summe von allem, was sie sind, tun und leben. Da sie eine Lebenseinstellung ist, sollte sich die erfolgreiche Ausübung der Methode in allen Lebensbereichen zeigen und auf das Handeln des Praktikers auswirken.)
3.3 Der Praktiker lernt und entwickelt sich ständig weiter, um sein Wissen, seine Fertigkeiten und Fähigkeiten auszubauen und zu verbessern.
(Die Grinberg Methode will Menschen dabei unterstützen, ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten voll zu entfalten. Als Praktiker muss man immer selbst ein Beispiel hierfür sein und kann daher zu keinem Zeitpunkt sagen, man sei "angekommen" und habe nichts mehr zu lernen.)
3.4 Der Praktiker muss sich entscheiden, die Haltung eines ständig lernbereiten Schülers anzunehmen.
(Bei einer Lehrmethode, in der es um Entwicklung und Veränderung geht, hindert nichts so sehr am Lernen, wie sich selbst wichtig zu nehmen und rechthaberisch zu sein.)
3.5 Der Praktiker kann nicht mit einem Klienten arbeiten, dem gegenüber er Zurückhaltung empfindet
(Persönliches Wachstum und Entwicklung erfordern, dass man die eigenen Grenzen erfährt und überschreitet. Das geht nur, wenn sowohl Praktiker als auch Klient sich zu jedem Zeitpunkt voll in den Prozess einbringen.)
3.6 Die Berufsethik sollte ständig in der Aufmerksamkeit des Praktikers sein und sein Handeln leiten.
(Als Menschen, die diese Disziplin der Aufmerksamkeit ausüben, können Praktiker keine Gläubigen oder Gefolgsleute sein. Um Verantwortung für ihr Verhalten zu übernehmen, müssen sie aufmerksam sein, denken, entscheiden und die Prinzipien, die hinter ihren Handlungen stehen, verkörpern.)

Ursprünglich angenommen im Mai 1996, aktualisiert im März 2011